Mittwoch 28 Juli 2021, 03:27

Bell: "Es geht uns um einen Mentalitätswandel"

  • Neuseeland erreicht erstmals überhaupt ein Viertelfinale eines Männer-Turniers

  • Bell: "Wir haben mehrfach Geschichte geschrieben"

  • Mentalitätswandel bei Neuseelands Fussballspielern

Als der Unparteiische Kevin Ortega die Nachspielzeit zwischen Neuseeland und Rumänien beendete und der erstmalige Einzug einer neuseeländischen Männermannschaft in ein Viertelfinale überhaut unter Dach und Fach war, hallte kollektiver Jubel laut hörbar durch die verwaisten Zuschauerränge des Sapporo Domes.

Ein gemeinsamer Aufschrei aller neuseeländischen Spieler und des Mitarbeiterstabs, der irgendwie eine Mischung war aus Erleichterung, Fassungslosigkeit und unbändiger Freude. "Wir haben seit Turnierbeginn über die Chance gesprochen, dass wir Geschichte schreiben können und haben uns auch vor dieser Partie daran erinnert", sagte Joe Bell im Interview mit FIFA.com. "Wir hatten uns selbst einige Ziele gesetzt, denn unser Männer-Team hatte nie zuvor bei Olympia ein Spiel gewonnen. Das war unser erstes Ziel. Das zweite war das Erreichen des Viertelfinales. Jetzt haben wir beides erreicht und wollen mehr."

Romania v New Zealand: Men's Football - Olympics: Day 5

Relativ schnell war klar, dass sich die Republik Korea im Parallelspiel durchsetzen würde und Bells Team ein Unentschieden reichen würde. Auf dem Feld übernahm seine in schwarz gekleidete Mannschaft im 4-3-3 trotzdem das Kommando und hatte klare Feldvorteile. "Wir wollten von Anfang an die drei Punkte. Insbesondere nach der unglücklichen Niederlage gegen Honduras [2:3]", so der Mittelfeldspieler, der mit klugen Pässen und gewonnenen Zweikämpfen im Zentrum des Feldes zu überzeugen wusste, weiter.

"Wir haben im letzten Spiel Winston Reid verloren [der Kapitän musste früh verletzt ausgewechselt werden], also haben wir auf Viererkette umgestellt und ein wenig offensiver agiert. Das konnte man vor allem in Hälfte eins sehen. Ich denke, wir haben das Weiterkommen verdient."

Romania v New Zealand: Men's Football - Olympics: Day 5

Am Ende allerdings musste gegen Rumänien dann doch ein wenig gezittert werden, schließlich hätten die Osteuropäer mit einem Treffer ihrerseits die nächste Runde erreicht und hatten dazu auch noch ordentliche Möglichkeiten. "Wir müssen definitiv noch abgezockter werden, vor der Pause ein, zwei Tore machen", findet auch Bell. "Defensiv standen wir eigentlich gut, nur die letzten 20 Minuten waren etwas zu hektisch, so hatten wir uns das nicht vorgestellt."

Wenn man Neuseeland und Fussball in einem Satz hört, denkt man automatisch an einen Underdog – vielleicht ist das sogar im eigenen Land so. Das deckte sich aber nicht ganz mit dem mutigen Auftreten der OlyWhites in Sapporo. Für Bell, der seit 2020 für Viking FK in Norwegens 1. Liga spielt, muss ein Umdenken her: "Wir wollen hier vor allem zeigen, dass Neuseelands Fussball auf internationalem Level bei diesen Turnieren mithalten kann, es geht auch darum, die Denkweise bei uns zuhause zu verändern."

Entscheidenden Anteil am Weiterkommen seiner Mannschaft fällt natürlich Coach Danny Hay zu – vor allem, was die mentale Einstellung der Spieler betrifft. "Er hat uns von Anfang an dieses Selbstvertrauen gegeben, uns immer wieder klargemacht, wie gut wir Fussball spielen können", so der 22-Jährige, dessen Mannschaft zudem eine der jüngsten im Teilnehmerfeld ist. "Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Spieler daran geglaubt haben, dass sie auf diesem Level mithalten und guten Fussball spielen können."

Bei Bell jedenfalls hat der Mentalitätswandel auf jeden Fall schon mal funktioniert. "Wir wollen so weit wie möglich kommen, wir wollen Gold!", lacht er und strahlt dabei so stark, dass es selbst durch die Maske hindurch sichtbar wird, die bei diesem Turnier in der Mixed Zone obligatorisch ist. Während im Hintergrund der Katakomben seine Mitspieler lauthals ihren Erfolg feiern, räumt er kurz danach gegenüber einem japanischen Journalisten ein, dass "Silber oder Bronze ja auch ok wären". Und wenn sein Team weiter so unbekümmert auftritt – warum eigentlich nicht?